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Nation: | Deutschland |
von Anne-Kathrin Reulecke
Stand: 01.06.2006
Bedeutsam für die Prosatexte Anne Dudens sind nicht die Geschichten, die in ihnen erzählt werden. Im Zentrum der Bücher „Übergang“ (1982), „Das Judasschaf“ (1985) und „Steinschlag“ (1993) stehen vielmehr jene Erfahrungsbereiche, die im Erzählbaren gerade keinen Ort finden. Duden beschreibt Konfrontationen mit Gewalt, Krankheit, Krieg oder Tod, die traumatisierend wirken, weil es zunächst keine Sprache für sie gibt.
Das Besondere an Dudens „Hochspannungsprosa“ (Alexander von Bormann) ist, dass solche Momente des psychischen und physischen Auf-sich-selbst-Zurückgeworfenseins in einer sachlich nüchternen, um äußerste Präzision bemühten Sprache gestaltet werden. Es ist kein Zufall, dass sich diese Literatur immer wieder auf einzelne Werke der Musik und der bildenden Kunst bezieht, die sie nicht nur zitiert, sondern an deren spezifischer Ausdrucksform sie ihre eigene bildhafte und musikalische Schreibweise ausbildet und ausdifferenziert.
Dudens Literatur, obwohl am Schmerz ausgerichtet, richtet sich nicht in ihm ein; sie sucht auch das Schöne und erschafft es im sprachlichen Ausdruck. Wenn die Autorin an verzweifelt aussichtslosen Situationen gerade die aberwitzigen Seiten herausstellt, entsteht eine irritierende Gleichzeitigkeit von Pathos und Alltäglichkeit, von erhabenem und lakonischem Ton. Das provoziert Faszination wie auch starke Abwehr ...