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Nation: | Deutschland |
von Michael (Merzenich) Braun und Ulrike Pohl-Braun
Stand: 15.05.2022
Zu den Titeln, die im deutschen Bücherherbst 1986 ungewöhnliches Aufsehen erregten, gehörte ein schmaler Band mit Erzählungen von Barbara Honigmann. Er wurde sogleich als „Buch des Monats“ empfohlen und fand sich nicht nur auf der Bestenliste des Südwestfunks, sondern wurde auch mit dem jährlich vom Zweiten Deutschen Fernsehen verliehenen „aspekte“-Preis für das beste erzählerische Debütwerk eines deutschsprachigen Autors ausgezeichnet. Die Erzählerin war zu dieser Zeit allenfalls als Verfasserin eines Märchenspiels und kleinerer dramatischer Stücke bekannt, die aber von der Kritik mehrheitlich als bühnenuntauglich eingestuft wurden.
Der „Roman von einem Kinde“ ist ein treffendes Beispiel für die rezeptionsfördernde Wirkung wohlkalkulierter Verlagsinformationen. An dem kindlich-unbefangenen Sprechhabitus der Prosa Barbara Honigmanns wurden von Anfang an „unglückliche Wortspiele“ (Harald Wieser) und „banal redensartliches Parlando“ (Joachim Kaiser) beanstandet. Dagegen setzte Reinhard Baumgart die – noch in der Taschenbuchausgabe von 1989 wiederholte – Feststellung, Honigmanns Texten gelinge das seltene Kunststück, „Alltagserfahrungen aufleuchten (zu lassen) wie bedeutende epische Abenteuer“. Die meisten Kritiker folgten diesem Urteil ohne Weiteres. Literarische Wertungen wie „Leichtigkeit mit tieferem Ernst verbunden“ (Jürgen P. Wallmann) oder „Naivität der höheren Art“ (Marcel Reich-Ranicki) ...