Geburtstag: | |
Nation: | Deutschland |
von Ilka Scheidgen
Stand: 15.09.2018
Christian Lehnert hat seine ersten prägenden Lebensjahre in der DDR verbracht, wo er systemkonform aufwuchs. „Ich bin zur Anpassung erzogen worden.“ Wie kommt jemand in einem sozialistischen und atheistisch geprägten Land dazu, ein gläubiger Mensch zu werden und dies sogar zum Gegenstand poetischer Reflexionen werden zu lassen? Je älter er wurde, desto mehr fühlte Lehnert sich ausgehungert nach einer wahrhaftigen Sprache, die nicht opportunistisch mit zweierlei Zungen redete. „Und da war plötzlich in mir die Sehnsucht zu einer ganz anderen Sprache, nach einem anderen Denkraum, nach einer anderen Wirklichkeit“, erzählt der Dichter im Gespräch (Wittenberg, 4. 5. 2012). Dass ein heutiger Dichter sich ungeniert traut, über Gott, die Schöpfung, das Heilige, die Passion, Golgatha, über Beten und Verzeihen oder vom „Spiegel in einem dunklen Wort“ des Apostels Paulus zu sprechen, das verwundert und begeistert und lässt das Diktum Gottfried Benns, „Gott ist ein schlechtes Stilprinzip“, alt aussehen. Denn gerade das Stilprinzip beherrscht Lehnert auf vollkommene Weise. Ihm gelingen Sonette ebenso wie Verse mit freien Rhythmen. Christian Lehnert erinnert sich noch an den Sog einer Sprache, in der plötzlich Worte eine ganz andere Bedeutung hatten.
1997 veröffentlichte ...