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Nation: | Schweiz |
von Jürgen Egyptien und Moritz Wagner
Stand: 15.02.2021
Die ersten literarischen Publikationen Christoph Geisers standen im Zeichen von Franz Kafka und Bertolt Brecht. Die Erzählungen aus „Bessere Zeiten“ von 1968 erinnern unübersehbar an die Parabeln Kafkas; z.B. wenn in „Die Brücken“ die Menschen in einer surrealen Landschaft dumpf und halb barbarisch dahinvegetieren und wie in Gefängnissen hausen. So prägend für Geisers parabolische Prosa Kafka war, so einflussreich wirkte Brecht auf seine frühe Lyrik, die sich insbesondere dem epigrammatischen Lakonismus der „Buckower Elegien“ anzunähern suchte. Doch auch in der Handvoll Gedichte dieses Bändchens dominieren eher Skepsis und Verweigerung. So entzieht sich das lyrische Ich in „Ich ging nicht hin“ dem kollektiven Sog einer Straßendemonstration und unterwirft die berühmte Schlusszeile aus Günter Eichs „Träume“ in einem titellosen Gedicht einer radikalen Revision: „Kein Sand im Getriebe/Die Sintflut ist programmiert.“ Die immanente Entwicklungslogik seines lyrischen Sprechens und das Bemühen um eine literarische Emanzipation von Brecht drängten, nach Geisers eigenem Zeugnis, „zu einer immer stärkeren Verkürzung und Verknappung, die im Schweigen endet“. Geiser vollzieht damit eine poetologische Umorientierung, die ihn in die Nähe der produktionsästhetischen Prinzipien der hermetischen Lyrik rückt. ...