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Nation: | Deutschland |
von Michael Töteberg
Stand: 15.09.2019
„Das deutschsprachige Theater hat einen neuen Autor.“ Mit diesem Satz leitete 1970 Peter Iden seine Kritik zur Uraufführung von „Martin Luther & Thomas Münzer oder Die Einführung der Buchhaltung“ ein. Das erste Theaterstück Dieter Fortes wurde ein Sensationserfolg, in den folgenden Jahren von mehr als 30 Bühnen nachgespielt. Allerorts löste es erregte Diskussionen aus, in Berlin und Köln kam es zum Theaterskandal. Das heftig umstrittene Stück erschütterte die evangelische Welt so stark wie sieben Jahre zuvor Rolf Hochhuths „Stellvertreter“ die katholische. Kirchenhistoriker verfassten Pamphlete und warfen Forte „Falsch-Münzerei“ vor; Bischöfe wetterten gegen die „historische Unverfrorenheit“, mit der hier ein Denkmal vom Sockel gestoßen wurde. Die Uraufführung fiel in die Zeit der Studentenbewegung. Unter dem Einfluss von neomarxistischen Theorien und der dialektischen Aufklärung der Frankfurter Schule wurde von einer neuen Opposition der bisherige Konsens der Gesellschaft kritisch hinterfragt; studentische Seminare betrieben Ideologiekritik und Aufarbeitung der Historie jenseits der offiziellen Geschichtsschreibung. Die materialistische Perspektive, in der Forte die Reformation zeigte, passte in diesen Kontext. Iden schrieb in seiner Uraufführungskritik: „Fortes Stück trifft einen empfindlichen Punkt deutschen Geschichtsbewußtseins, und er ...