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Nation: | Österreich |
von Gerhard Melzer und Axel Ruckaberle
Stand: 15.09.2016
Franz Weinzettl ist ein dezidiert unzeitgemäßer Autor. Die Gegenstände, denen seine Aufmerksamkeit gilt, nehmen sich klein und unscheinbar aus. Politik, Gesellschaft und Geschichte scheinen aus seinen Erzählungen weggeblendet; im Mittelpunkt stehen meist scheue, entwicklungsgehemmte Männer, die es schwer haben mit sich und der Welt. Sie leiden an ihrer Empfindlichkeit, die sie immer wieder in die verstiegenen Abenteuer ihrer filigranen Tagträume verstrickt, und die einzige Wirklichkeit, die ihnen einen gewissen Halt bietet, ist die Natur. An den Erscheinungen und Gesetzmäßigkeiten der Natur nehmen Weinzettls Gestalten eine Ereignishaftigkeit wahr, die bei aller Vielfalt nicht Zerstreuung, sondern Sammlung bewirkt. Und so kommt es, dass den Landschaften und Naturvorgängen, die Weinzettl mit großer Detailkenntnis ausmalt, die utopische Qualität eines Gegenentwurfs zum üblichen Gang der Geschichte zuwächst. In Anlehnung an Stifters „sanftes Gesetz“, das den vordergründigen Sensationen punktueller Ereignisse das stille Walten andauernder, zyklischer Prozesse entgegenhält, formuliert Weinzettl eine Art Poetik der „kleinen Dinge“. „Selten schilderte man ihm das alltägliche Leben“, klagt der Held der Erzählung „Im Pappelschatten, Liebste“ (1990): „Fast immer stand jener Apriltag im Mittelpunkt, an dem die fremden Soldaten ...