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Nation: | Österreich |
von Melitta Becker und Gerhard Melzer
Stand: 01.03.2006
Gerhard Rühms Bild in der literarischen Öffentlichkeit zeigt alles andere als klare und deutliche Umrisse. Den einen gilt er als „einer der wichtigsten schöpfer konkreter dichtung“ (Gerald Bisinger), als deren „begabtester und einfallsreichster“ Protagonist (Marianne Kesting), andere bescheinigen ihm, vom Standpunkt des Jahrs 1973 aus, eine „heute schon antiquiert wirkende Sprachbesessenheit“ (Hans Christian Kosler), manche – wie etwa Richard Nimmerrichter (alias „Staberl“), ein Kolumnist der Wiener „Kronenzeitung“, der sich zum Richter über Rühms „blumenstück“ aufwarf – würden seine Produkte am liebsten mit einem gesetzlichen Verbreitungsverbot belegen. Das Spektrum der Urteile und Meinungen, das sich mindestens um jene spezifisch österreichische Spielart der Kritik erweitern ließe, die nach einiger Zeit für veraltet erklärt, was sie einst als unverständliche Provokation verteufelt hat, verweist auf die Vielfalt, aber auch auf die lange Wirkung von Rühms Werk, der seinen experimentellen Ansatz, die auf Bewusstseinserweiterung trainierende sprachliche Provokation, nie aufgegeben hat.
Rühm begann seine literarische Laufbahn mit Lautgedichten, die deutlich den Zugriff des ausgebildeten Musikers verraten. Der analytisch-konstruktivistische Umgang mit dem Material der Sprache, der Rühm gelegentlich den Vorwurf des Purismus eintrug (Kurt Klinger), sollte ...