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Nation: | Deutschland |
von Otto Lorenz
Stand: 01.03.2011
Helmut Heißenbüttel gilt als Exponent avantgardistischer Gegenwartsliteratur. Dieses recht allgemeine Urteil enthält die Gefahr, den Leser zu einer vorschnellen Abwehrreaktion gegenüber dem Unkonventionellen und sogleich für unverständlich Befundenen zu verleiten. Um dieser Gefahr vorzubeugen, sollen einleitend die Voraussetzungen für einen angemessenen Umgang mit Heißenbüttels Texten umrissen werden.
Dabei sind zwei literaturgeschichtliche Aspekte von besonderer Bedeutung: 1. Die heute als avantgardistisch bezeichnete Literatur ist bereits einer eigenen, ein ganzes Jahrhundert alten Tradition verpflichtet. Avantgardistisch kann sie deshalb nicht im Sinn eines chronologischen Merkmals genannt werden, sondern allenfalls aufgrund ihres kritischen Einspruchs gegenüber der immer noch an überkommenen Normen orientierten, etablierten Literatur.
2. In der Rebellion gegen alle literarischen Konventionen haben sich die progressiven Autoren unserer Zeit auch ganz gezielt ihrer frühmodernen Vorkämpfer – hier muß vor allem der Name Mallarmé genannt werden – als streitbarer Bundesgenossen versichert. Dieses schülerhafte Anknüpfen forderte jedoch den hohen Preis eines weitgehenden Verzichts auf Eigenständigkeit. Aus dieser Situation heraus erfolgte indessen eine überraschende Wendung, wodurch die Moderne gleichsam in ihre zweite Phase trat. Das second-hand-Prinzip wurde zu ihrer erklärten Maxime. Sie verabschiedete den Originalitätszwang der klassischen ...