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Nation: | Deutschland |
von Norbert Schachtsiek-Freitag
Stand: 01.10.2000
Die große Aufmerksamkeit, die Henry Jaegers erster Roman „Die Festung“ (1962) sowohl in den Medien als auch beim Lesepublikum fand, galt dem Debüt eines Autors, der wegen zahlreicher krimineller Delikte zu einer zwölfjährigen Haftstrafe verurteilt worden war, während des Vollzugs einen umfänglichen Roman geschrieben und zum Zeitpunkt der Buchpublikation sechs Jahre Freiheitsentzug hinter sich gebracht hatte. Nach dem fast einhelligen Urteil der Kritiker belegt das Buch nicht nur die Schreibkompetenz des Debütanten, sie zeigten sich auch vom Stoff und vom Thema des Romans überrascht. Jaeger hatte nämlich schon so viel Distanz zu seiner Biografie und existenziellen Situation hinter Gefängnismauern gewonnen, dass er nicht das naheliegende Thema Strafvollzug wählte und auch nicht seine eigene kriminelle Vergangenheit literarisch aufarbeitete. Die autobiografische Gefängnisliteratur der späten sechziger und siebziger Jahre hat Jaeger nicht initiiert. Erst zwölf Jahre nach seiner vorzeitigen Entlassung aus dem Gefängnis hat er in seinem romanhaften Bericht „Nachruf auf ein Dutzend Gauner“ (1975) seine glücklose Kindheit und Jugend als Grund für das Abgleiten in die Kriminellenszene beschrieben.