Geburtstag: | |
Nation: | Deutschland |
von Bernhard Viel
Stand: 01.03.2004
Joachim Helfers Debüt „Du Idiot“ von 1994 erregte, so mutig es war, bei der Kritik wenig Aufmerksamkeit. Die wenigen aber, die den unbekannten Autor beachteten, applaudierten: „Ein Talent!“. Dem Autor war es gelungen, die realistische europäische Erzähltradition in Darstellungsmuster einzubinden, die dem Net- und Zap-Zeitalter Rechnung tragen. Helfers konventionell anmutendes Grundthema, die Suche nach Identität, begründet einen beherzten Rückgriff auf das Erzählmodell des klassischen „Quester“-Romans. Zudem kämpft er mit langen Satzperioden, präzis verschachtelter Tektonik und zunächst verwirrender Erinnerungsstruktur gegen die progressive Bagatellisierung des Textbegriffs an.
Fraglos gibt Joachim Helfers Prosa ein ästhetisches Programm preis, das gegen die Gesetze marktgängiger Leseware verstößt. Zu Recht bemerkte ein aufmerksamer Kritiker, Helfer schreibe Johnsons „Mutmaßprosa“ fort: indem er Figuren und Welt durch ausgeklügelte Distanzierungsverfahren in eine diffuse „Als-ob“-Position stelle. Zudem hat der Autor seine Texte mit einer teilweise identischen Personnage, mit Vor- und Rückverweisen und stimmigen Perspektivenwechseln so verzahnt und die Wirklichkeit der alten und neuen Bundesrepublik als zersplitterte und zugleich kohärente Welt konstruiert, dass sich Johnsons Diktum, die Funktion von Literatur bestehe in dem Versuch, vergangene Wirklichkeit wiederherzustellen, in verkleinertem Maßstab durchaus auch auf ...