Geburtstag: | |
Nation: | Deutschland |
von Jan Strümpel und Tanita Kraaz
Stand: 15.09.2021
In den 1980er Jahren traten in Deutschland und Österreich junge jüdische Schriftstellerinnen und Schriftsteller mit einem bis dahin unbekannten Selbstbewusstsein an die Öffentlichkeit. Sie waren die Kinder und Enkel der Shoah-Überlebenden, der Emigranten und Immigranten, die dem „Land der Täter“ – aus welchen Gründen auch immer – nicht den Rücken gekehrt oder es gar bewusst als Lebensmittelpunkt gewählt hatten. Die ‚Nachgeborenen‘ waren in einem Umfeld aufgewachsen, das sich durch ein denkbar komplexes Geflecht von Beziehungen zur deutschen Gesellschaft auszeichnete. In ihrer Literatur thematisierten sie nicht mehr nur die persönlichen Erfahrungen und die Bedingungen ihres Jüdischseins, sondern suchten ihren Ort in einem Land, das trotz allem ihre Heimat war. Und sie schauten genau hin: Sie beobachteten auch Kalkül hinter der kollektiven ‚Trauerarbeit‘, auch Verlogenheit im deutsch-jüdischen Miteinander, und sie sahen nicht nur das den Juden angetane Leid, sondern auch seine Funktionalisierung. Das Bild vom a priori ‚guten Juden‘ – das philosemitische Ideologem der Nachkriegsjahrzehnte –, geriet in unauflösbaren Widerspruch zur realen Komplexität jüdischer Existenz, und diese konnte sich nicht mehr durch die Shoah allein definieren.
„Ist es auf die Dauer ...