Geburtstag: | |
Nation: | Deutschland |
von Ulrich Fischer
Stand: 01.03.2006
Moritz Rinke ist Dramatiker und Journalist. Er volontierte beim Berliner „Tagesspiegel“, arbeitete dort als Redakteur und publiziert in verschiedenen namhaften Blättern – seine Beiträge sind unverwechselbar. Sein Porträt des von 1998 bis 2000 amtierenden Bundeskulturbeauftragten Michael Naumann zeigt beispielhaft die Originalität Rinkes. Der Porträtierte selbst kommt in dem Text kaum vor; Rinke benennt vielmehr, was sonst unausgesprochen bleibt, nämlich die Schwierigkeiten der Recherche: Ein Journalist kann einen hochgestellten Kulturpolitiker nicht einfach anrufen, wenn er ein Porträt von ihm plant, er muss sich zunächst an sein Vorzimmer wenden, wie ein Bittsteller zu Zeiten der Fürstenherrlichkeit antichambrieren. Rinke berichtet, wie er die Sekretärin, die er bei diversen Telefonaten näher kennen lernt, um einen Termin mit dem Beauftragten bittet; wie der gewährt, widerrufen, aufgeschoben wird – das ergibt ein Porträt der ganz anderen Art: Statt zu erfahren, welche Ziele der Politiker formuliert, erhält der Leser ein Porträt ex negativo. Der Beauftragte der Bundesregierung möchte ganz offenbar der Alltagssphäre enthoben erscheinen: Vorzimmer, kein Termin, ständig unterwegs. Mit der Schilderung seiner Bemühungen zerstörte Rinke die Aura, um die Naumann rang. Die ästhetische Strategie des sanften Spotts korrespondiert dabei ...