Geburtstag: | |
Nation: | Österreich |
von Wolfgang Strehlow und Michael Rölcke
Stand: 15.09.2019
Robert Menasses schriftstellerisches Werk besteht wesentlich aus erzählerischen und essayistischen Texten. Der erste Essayband „Die sozialpartnerschaftliche Ästhetik“ (1990) ist eine politische Literaturgeschichte der Zweiten Republik Österreichs. Darin wird die nach dem Zweiten Weltkrieg etablierte „Sozialpartnerschaft“ Österreichs – der Zusammenschluss von Regierung und Interessenverbänden zur gesellschaftlichen Konfliktvermeidung – auch als ästhetisch prägend befunden. Dieser Modell-Kapitalismus Österreichs habe in der Literatur zwei charakteristische und gegensätzliche Tendenzen hervorgebracht, die sich ineinander verschränken: einen fortgeschrittenen Avantgardismus und gleichzeitig einen harmonisierenden, politischen Konservatismus mit minimalistischem Geschichtsbewusstsein.
Sein zweiter, durch den Titel auf Robert Musils Endzeitroman anspielender Essayband „Das Land ohne Eigenschaften“ (1992) ist eine Auseinandersetzung mit Österreich, die Menasse in seinem Land den Ruf eines „Nestbeschmutzers“ und zugleich den eines brillanten Essayisten eingebracht hat. In „Das Land ohne Eigenschaften“ kreist Menasse anhand verschütteter und verdrängter historischer Details die österreichische Identität als ein in sich logisches Gebilde von Widersprüchen und Absurditäten ein. Er kommt in seiner witzig-polemischen Bestandsaufnahme zu dem Ergebnis, die Identität Österreichs sei die des „Entweder-und-Oder“. Österreich verhalte sich in der Geschichte genialisch schizophren, wie seine unselige Opfer-Täter-Rolle während des Nationalsozialismus beweise und ...