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Nation: | Deutschland |
von Jens Dirksen
„Je kleiner die Welt, je überschaubarer das Modell, um so klarer werden die Zusammenhänge“ – am Anspruch, mit Literatur die Wirklichkeit begreifbar zu machen, hielt Thomas Strittmatter fest. Dem Entwurf einer ,Geschichte von unten‘ verpflichtet, sollte die Konzentration auf alltägliche Lebenswelten den Modellcharakter seiner Stücke und Erzählprosa verbürgen. Strittmatter setzte der deklarierten ,neuen Unübersichtlichkeit‘ in den achtziger Jahren die Perspektive aufs Detail entgegen, stellte an „überschaubaren“ ästhetischen Modellen gesellschaftliche Mikrostrukturen dar. Dabei geriet jedoch der Bezug auf ein gesellschaftliches Ganzes mitunter aus dem Blick. Die Bestandsaufnahmen aus dem Alltag der ,kleinen Leute‘ schwanken oft zwischen kritischer Analyse und naturalistischer Realitätsverdopplung.
In seiner Kritik der bundesdeutschen Theaterszene hat sich Strittmatter hin und wieder auf Bonmots Heiner Müllers berufen; der kategoriale Unterschied zwischen beiden Theaterautoren ist aber dadurch nicht zu überdecken: Müllers Dramen, bis zur Hermetik durchgeformt, lassen historische und gesellschaftliche Komplexität mit avancierten literarischen Techniken durchschaubar werden; die Stücke Strittmatters gehen dagegen aus dem Kalkül einer vereinfachenden Wirkungsästhetik hervor. Indem er Identifikation und ,Betroffenheit‘ zu zentralen dramatischen Kategorien erklärte, wandte er sich gegen Verfahren des dokumentarischen und des epischen Theaters.
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