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Nation: | Deutschland |
von Manfred Dierks
Stand: 01.03.2008
So genau hatte das noch niemand beschrieben. Die Kritiker in den wichtigen Literaturblättern der Bundesrepublik hatten sich (keiner ja wohl unter 40, jeder gewiss doch bürgerlicher Herkunft) im April 1971 in „Tadellöser & Wolff“ wiedererkannt: im bürgerlichen Alltag unter dem Nationalsozialismus und in seinem Krieg. Sie alle reagierten auf dieselben Eigenschaften des Romans: auf das präzise erinnerte lebenspraktische Detail; auf die Rituale und die eigene Sprache der Familie Kempowski, die sie zwischen sich und die Außenwelt schiebt; auf die Art, wie diese Außenwelt, wo sie denn (als Bombenangriff oder Gestapohaft) eindringt, zwischen dem „Wie isses nun bloß möglich?“ der Mutter und „Klare Sache, und damit hopp!“ des Vaters bewältigt wird. Jenseits ästhetischer Fragen hatte „Tadellöser & Wolff“ den Erfolg einer akribischen Fallstudie von hohem Verallgemeinerungswert. Auch die ästhetische Beurteilung fiel bei der Kritik recht homogen aus: Die Komposition der Kapitel aus kleinen Textblöcken (Situationsskizzen, Gesprächssequenzen), die – scheinbar funktionslos pointillistisch – sich erst bei genauem Lesen als Träger eines Grundthemas herausstellen, das Fehlen einer Handlung ließen zwar die akademische Frage aufkommen, ob das denn noch ein Roman ...