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Nation: | Deutschland |
von Gustav Zürcher
Stand: 01.03.2010
In einer Gedenksendung zu Wolfgang Borcherts 25. Todestag äußerte Martin Walser den Verdacht, daß man Borchert nicht ernst genommen, nichts von ihm gelernt habe und daß „das große und sehr laute Nein“ lediglich literarisch konsumiert worden sei. – Von einem Borchert-Konsum könnten die Verbreitungsdaten sprechen: 130 verschiedene Theater- und Fernsehinszenierungen von „Draußen vor der Tür“ allein bis 1966; die Auflage der verschiedenen Ausgaben wächst kontinuierlich und hat fast die 1 1/2 Millionengrenze erreicht (1980); kaum eine Lesebuchreihe, jüngste Beispiele einbegriffen, in der die 13–17jährigen nicht die Bekanntschaft mit Borcherts Kurzgeschichten machen können. Längst ist der Frühverstorbene zum Klassiker avanciert, mit all den zweifelhaften Privilegien, die diesem Status beigegeben sind.
Ließe sich ‚lesen‘ mit ‚lernen‘ und ‚gelernt haben‘ mit ‚handeln‘ wiedergeben, dann hätte man von Borchert tatsächlich wenig gelernt, denn seine Appelle für eine waffenlose Welt blieben politisch folgenlos, und Zweifel sind erlaubt, ob sich seine Mahnungen und Appelle als verbindendes und verbindliches moralisches Credo folgenschwer in die deutschen Gesinnungen eingegraben haben, ob man den Fürsprecher für das Bessere nicht auch auf die angenehme Weise für sich sprechen ließ: ...