Reinhart Freudenberg
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Internationales Biographisches Archiv
Ergänzt um Nachrichten durch MA-Journal bis KW
Reinhart Freudenberg wurde 1932 in Berlin geboren. Sein Vater war damals Legationsrat im Auswärtigen Amt, wechselte aber nach der nationalsozialistischen Machtergreifung zu einem Theologiestudium und emigrierte mit seiner jüdischen Frau und seinen fünf Kindern nach England und dann in die Schweiz, wo er in Genf das Flüchtlingsreferat im Ökumenischen Rat der Kirchen übernahm. 1947 kehrte der Vater nach Deutschland zurück und wurde Pfarrer in einer Flüchtlingssiedlung bei Frankfurt am Main.
Bedingt durch die Wohnortwechsel der Familie, besuchte F. zunächst Schulen in der Schweiz, sein Studium der Rechtswissenschaften absolvierte er dagegen in der Bundesrepublik. Während der Referendarzeit arbeitete er als Assistent am Heidelberger Max-Planck-Institut für ausländisches Öffentliches Recht und Völkerrecht, anschließend zwei Jahre als Rechtsanwalt in der Mannheimer Anwaltskanzlei Zutt und Schilling.
Seine unternehmerische Laufbahn begann F., als er 1961 in die von seinem Urgroßvater Carl Johann Freudenberg 1849 in Weinheim gegründete Freudenberg-Gruppe eintrat, wo er zunächst ein "Lehrjahr" in der Weinheimer Gerberei, der Ursprungszelle der Freudenberg-Gruppe, absolvierte. Danach leitete er sieben Jahre lang eine Freudenberg-Gerberei in Mexiko. 1969 kehrte er als Vertriebsleiter Vliesstoff nach Weinheim zurück. 1972 wurde er als pers. haftender Gesellschafter Mitglied der Unternehmensleitung. Als sich sein Bruder Hermann Freudenberg (geb. 18. Aug. 1924), ab 1959 pers. haftender und geschäftsführender Gesellschafter, zum 1. März 1988 in den Gesellschafterausschuss der Familien-Holding zurückzog und deren Vorsitz übernahm, wurde F. neuer Sprecher der Unternehmensleitung der Holding Freudenberg & Co. und der Stammfirma Carl Freudenberg. F. übernahm dabei die Ressorts Personal und Soziales sowie die Bereiche Finanzen, Recht, Steuern und Gesellschafterangelegenheiten.
Zum Programm der Freudenberg-Gruppe zählen vor allem Produkte der Dichtungs- und Schwingungstechnik (u. a. Präzisionsdichtungen Marke Simmerring), Spezial-Schmierstoffe, Kautschuk-Bodenbeläge, Vliesstoffe, Artikel für die mechanisierte Haushaltsreinigung (Marke Vileda) und Schuhe (Marke Elefanten).
F., den die Frankfurter Allgemeine Zeitung (17.12.1996) als "Mann des Maßhaltens und des geduldigen Abwägens" apostrophierte, hatte wesentlichen Anteil an der transparenten Struktur der Unternehmensgruppe. Insbesondere fiel in seine Amtszeit die Reorganisation des Stammhauses Carl Freudenberg, in deren Rahmen die bisherigen Aktivitäten des Stammhauses Carl Freudenberg in neun selbständige Produktions- und Servicegesellschaften ausgegliedert wurden. Die Strategie der "relativ stetigen Optimierung von Portfolio und regionaler Präsenz" wurde unter F. durch weitere Kooperationen und kleinere Akquisitionen konsequent fortgesetzt. Im Geschäftsjahr 1996 (1995) erreichte die Freudenberg-Gruppe einen Weltumsatz von 5.400 (5.018) Mio. DM, davon entfielen rd. 33 % auf das europäische Ausland und 20,5 % auf Nordamerika. Den asiatischen Raum bearbeitete Freudenberg in Kooperation mit den japanischen Partnern und Minderheitsbeteiligungen NOK Corporation (Anteil 23 %) und Japan Vilene Company (JVC; Anteil 20 %). Der Jahresüberschuss wurde für 1995 (1994) mit 134,5 (132,2) Mio. DM angegeben, die Zahl der Mitarbeiter per Ende 1996 mit 25.821, von denen allerdings nur noch 45 % dem Standort Deutschland zugerechnet wurden.
Im Dez. 1996 kündigte F. sein Ausscheiden aus dem aktiven Management zum 30. Juni 1997 an. Neuer Sprecher der Unternehmensleitung wurde zum 1. Juli 1997 Peter Bettermann, mit dem erstmals ein familienfremder Manager diese Rolle übernahm. F. selbst trat den Vorsitz des Gesellschafterausschusses der Freudenberg & Co. an, den er mit Erreichen der Altersgrenze 2005 wieder abgab.
F. starb am 3. Juni 2017 im Alter von 84 Jahren in Heidelberg. Neben seiner Frau Annegret, geb. Bartholomé, hinterließ er seine fünf Kinder Anna Katharina, Sebastian, Martin, Monica und Hans sowie 24 Enkelkinder.
Literatur: Joachim Scholtyseck: "Freudenberg, ein Familienunternehmen in Kaiserreich, Demokratie und Diktatur" (16).
2024: Carsten Knop/Werner Plumpe: "Freudenberg 1849-2024. Ein Start-up der Revolution". Sachbuch.
Mitgliedschaften/Ämter: F. war Mitglied verschiedener Bei- und Aufsichtsräte.
Letzte Adresse: c/o Freudenberg SE, Höhnerweg 2-4, 69469 Weinheim, Tel.: 06201 80-0, E-Mail: info@freudenberg.de