Hans-Olaf Henkel
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Internationales Biographisches Archiv
Hans-Olaf Henkel wurde am 14. März 1940 in Hamburg geboren. Sein Vater hatte eine Generalvertretung mehrerer Papierfabriken. Er fiel 1945 in Ungarn. Mutter Wilhelmine übernahm die Leitung des Büros und hatte deshalb nur wenig Zeit für H., seinen zwei Jahre jüngeren Bruder Joachim und seine sechs Jahre ältere Schwester Karin. Zeitweilig lebte H. bei seinen Großeltern in Poppenbüttel bzw. im Heim.
In der Rückschau sah sich H. als "wohl recht schwer erziehbares Kind", (Hbg. Abl., 9.2.1995) und früh auf die eigenen Beine gestellt. Er besuchte acht verschiedene Schulen. Nach der mittleren Reife schloss er eine Lehre als Speditionskaufmann bei Kühne & Nagel ab. Auf dem zweiten Bildungsweg studierte er später Volks- und Betriebswirtschaft und Soziologie an der Hamburger Akademie für Gemeinwirtschaft, der späteren Hochschule für Wirtschaft und Politik. Zu seinen damaligen Lehrern zählten u. a. der Ökonom
Schneller Aufstieg bei IBMSeine Berufslaufbahn begann H. 1962 als Mitarbeiter bei IBM Deutschland, einem damals noch relativ kleinen Ableger des weltweit führenden Computerherstellers International Business Machines Corp. (IBM). Nach einem zweijährigen Traineeprogramm war er zunächst im Produktionsbereich, später im Vertrieb und Personalbereich tätig. Er hatte verschiedene Vertriebspositionen im asiatisch-pazifischen Raum inne (1966-1969) und arbeitete danach bis 1973 im Münchner Manufacturing Industry Center für internationale Kunden aus der Fertigungsindustrie. Bei der IBM Europa in Paris war er anschließend u. a. für die Einführung der neuen Telefonvermittlungsanlagen verantwortlich. Ab 1975 war H. Director of Operations für den Raum Afrika und Mittlerer Osten und später für die Länder Belgien, Niederlande, Spanien und Schweiz. Als Direktor in der IBM-Zentrale in Armonk, New York, erwarb er ab 1978 Erfahrungen im Personalbereich der IBM. 1980 kehrte er nach Paris zurück und wurde General Manager für die Region der IBM EMEA (IBM World Trade Europe/Middle East/Africa Corp.). 1982 übernahm H. als Vizepräsident der IBM Europa Verantwortung für alle Landesgesellschaften außer Frankreich, Italien, Deutschland und Großbritannien. Als stellv. Vorsitzender der Geschäftsführung kehrte H. 1985 zur IBM Deutschland zurück und wurde 1987 Nachfolger von Chef
Chef von IBM DeutschlandH. übernahm die Geschäftsführung der IBM Deutschland nach einem schwierigen Geschäftsjahr 1986, in dem der Umsatz der größten IBM-Auslandstochter um 9 %, der Gewinn sogar um über 39 % geschrumpft war. H. verordnete dem erfolgsverwöhnten Unternehmen eine große Strukturreform mit einer deutlichen Gewichtsverlagerung von der Computer-Hardware zur -Software, von der Produktion und Verwaltung zum Vertrieb und zum Kunden-Service. Die Zahl der Mitarbeiter an der "Kundenfront" erhöhte sich um 44 %, während die Mitarbeiterzahl in Produktion und Verwaltung um jeweils 15 % abgebaut wurde. Dazu kam eine konsequente Erneuerung der Produktpalette und eine Erweiterung des Software-Angebots. Im Geschäftsjahr 1988 stieg der Inlandsumsatz erstmals wieder deutlich an. Im Juli 1989 begann das IBM-Werk Böblingen-Hulb als erste Halbleiter-Fabrik in Europa mit der Serienfertigung des 4-Megabit-Speicherchips und kam damit der japanischen Konkurrenz um einige Monate zuvor. Gegen den Widerstand der Gewerkschaften hatte H. dafür mit Einführung der Sonntagsarbeit die nötigen Voraussetzungen geschaffen. 1989 wurde H. als erster deutscher IBM-Landeschef Vice President der IBM Corporation und rückte damit in die obere Führungscrew der Muttergesellschaft auf. 1991 wurde ihm auch die Verantwortung für die Vertriebsorganisation der IBM für die meisten osteuropäischen Länder übertragen.
Umbau des IBM-UnternehmensAnfang der 1990er Jahre geriet nach dem amerikanischen Mutterkonzern auch IBM Deutschland zunehmend in den Sog der weltweiten Krise in der Computerbranche. Im Geschäftsjahr 1992 ging der Umsatz auf knapp 13,8 Mrd. DM zurück, und erstmals in der Geschichte des Unternehmens musste ein Jahresfehlbetrag von 440 Mio. DM ausgewiesen werden. H. reagierte auf die schwieriger werdende Wirtschaftslage mit vereinfachten Arbeitsabläufen, sozialverträglichem Personalabbau (6.200 Stellen), Kostensenkungen und mit einer neuen Holding-Struktur. Diese spaltete die IBM Deutschland ab 1993 in fünf rechtlich selbstständige Konzerntöchter auf. Um einen individuellen Weg bei Arbeitszeit und Entlohnung einschlagen zu können, trat das Unternehmen aus dem Metallarbeitgeberverband aus, lediglich die IBM Deutschland Produktions GmbH blieb dem Metall-Tarifvertrag verbunden.
Für die Betriebsvereinbarung über die Einrichtung von 350 Telearbeitsplätzen erhielt H. 1992 den "Innovationspreis der deutschen Wirtschaft", die erste derartige Auszeichnung, die nicht für ein Produkt, sondern für eine Idee vergeben wurde. Im gleichen Jahr wurde er wegen der konsequenten Umweltschutzgrundsätze der IBM Deutschland vom WWF zum "Öko-Manager des Jahres" gewählt.
Wahl zum BDI-PräsidentenEine neue Herausforderung für H. war ab 1995 die Nachfolge von
H.s Neigung zu unverblümten verbalen Ausfällen, der missionarische Eifer, mit dem er seine neoliberalen Positionen vertrat, und sein fast völliger Verzicht auf diplomatische Verbindlichkeit kosteten ihn auch im eigenen Lager so viele Sympathien, dass seine dritte Amtszeit als BDI-Präsident zeitweise infrage gestellt schien. Bei der Vorstellung des BDI-Perspektivkonzeptes "Für ein attraktives Deutschland" überzeugte er jedoch einmal mehr als "Mann der klaren Worte" (Hbl. 20./21.11.1998) und Vertreter einer liberalen Wirtschaftspolitik, woraufhin er im Nov. 1998 mit 139 von 141 Stimmen für eine dritte Amtszeit als BDI-Präsident bestätigt wurde.
Zusammenarbeit mit der Regierung SchröderDen Regierungswechsel von schwarz-gelb (CDU/CSU, FDP) zu rot-grün (SPD, Grüne) unter
Chef der Leibniz-Gemeinschaft und BeratertätigkeitKurz hatte der als FDP-nah geltende H. mit einem Einstieg in die Politik geliebäugelt, übernahm dann jedoch im Febr. 2001 eine wirtschaftswissenschaftliche Honorarprofessur an der Universität Mannheim und wurde im Juli 2001 ehrenamtlicher Präsident der "Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz" (Leibniz-Gemeinschaft). Er war der erste Nichtwissenschaftler an der Spitze der Wissenschaftsorganisation, die 80 Forschungseinrichtungen mit 12.500 Mitarbeitern vertritt. H. plädierte für die Einführung von mehr Wettbewerb, eine verstärkte Zusammenarbeit der Sektionen und für internationale Kooperation. Ab Okt. 2003 gehörte H. dem unabhängigen Beratergremium "Konvent für Deutschland" an, das u. a. Vorschläge zur Stärkung der Reformfähigkeit Deutschlands ausarbeitete. Ende 2005 beendete er nach zwei Amtszeiten seine Tätigkeit als Präsident der Leibniz-Gemeinschaft und wurde ab Febr. 2006 Berater der Bank of America, wo er bis 2013 als Senior Advisor beim Ausbau des Investment-Bankings behilflich war.
Buch-AutorH.s 2000 erschienene Memoiren "Die Macht der Freiheit" standen wie "Die Ethik des Erfolgs. Spielregeln für die globalisierte Gesellschaft" (2002) und "Die Kraft des Neubeginns. Deutschland ist machbar" (2004) monatelang auf den Bestsellerlisten und brachten H. verschiedene Preise ein. Er schreibe "pointiert, anekdotenreich und einfach", bescheinigte ihm der Kritiker der WELT (31.8.2002). Über die Inhalte von H.s Büchern, in denen er sich für die globale Marktfreiheit bei klaren Spielregeln einsetzte, gingen die Meinungen auseinander. Das war auch bei "Die Abwracker. Wie Zocker und Politiker unsere Zukunft verspielen" (2009) über die Verursacher der globalen Finanzkrise und bei "Rettet unser Geld! Deutschland wird ausverkauft - Wie der Euro-Betrug unseren Wohlstand gefährdet" (2010) nicht anders. Angesichts der aktuellen Eurokrise schlug H. im Nov. 2010 die Aufspaltung der europäischen Währung in einen harten Nord-Euro und einen weichen Süd-Euro vor. H. vertrat seine Thesen auch in Talkshow-Runden und als Gastautor diverser Zeitungen. Mit 71 Jahren ging er sogar erstmals mit dem Soloprogramm "Rettet unser Geld" auf Showtournee, um Anhänger für seine Kernthese zu gewinnen, dass es "Alternativen zum Euro" gäbe. Auch mit "Die Euro-Lügner. Unsinnige Rettungspakete, vertuschte Risiken - So werden wir getäuscht" (2013) schlug er in dieselbe Kerbe. In "Deutschland gehört auf die Couch" (2016), einer mit Joachim Starbatty verfassten, kontrovers aufgenommenen Abrechnung mit der Regierung von Bundeskanzlerin
Politische LaufbahnAb Dez. 2011 engagierte sich H. bei den Freien Wählern Bayern, strebte jedoch dort kein politisches Amt an. Stattdessen gehörte er zu den Gründern des eurokritischen Bündnisses Wahlalternative 2013, aus dem die Anti-Euro-Partei Alternative für Deutschland (AfD) hervorging. Seit Jan. 2014 auch AfD-Mitglied, wurde H. beim Bundesparteitag am 25. Jan. 2014 auf den zweiten Listenplatz und mit Parteichef
Im Richtungs- und Führungsstreit der zunehmend von zuwanderungsfeindlichen Kräften dominierten AfD positionierte sich H. klar auf Seiten des gemäßigten, wirtschaftsliberalen Gründers Lucke und trat aus Protest gegen "Rechtsideologen" (zit. nach FAZ, 24.4.2015) innerhalb der Partei im April 2015 als stellv. Vorsitzender zurück. Als Lucke schließlich bei der Wahl zum Bundessprecher der AfD im Juli 2015 gegen die nationalkonservative
Lucke, H. und weitere prominente Ex-AfD-Mitglieder gründeten noch im Juli 2015 die Aktion Lebensrecht für Alle (Alfa; im Nov. 2016 in Liberal-Konservative Reformer/LKR umbenannt), der schließlich fünf der ursprünglich sieben ins EU-Parlament gewählten Abgeordneten der AfD angehörten. Alfa vertrat v. a. EU-kritische Positionen und verstand sich als bürgerliche und wirtschaftspolitisch ausgerichtete Alternative zur Ein-Themen-Partei AfD. Nach einem Kursstreit verließ H. im Sept. 2018 - zusammen mit drei weiteren Europaparlamentariern der LKR - die bundes- wie landespolitisch bedeutungslos gebliebene Partei, behielt aber als Unabhängiger sein EU-Mandat, das im Juli 2019 turnusgemäß endete.
H. ist seit 2005 in zweiter Ehe mit der Sozialpsychologin Professor Dr. Bettina Hannover verheiratet. Er hat zwei Töchter und zwei Söhne. H. wohnt seit 1999 in Berlin. Der im privaten Umfeld oft als weich, sensibel und verletzlich eingeschätzte H. besitzt eine Segeljacht, fährt Ski, ist Jazz-Liebhaber (vor allem schätzt er den Saxofonisten
Veröffentlichungen u. a.: "Jetzt oder nie. Ein Bündnis für Nachhaltigkeit in der Politik" (98), "Die Macht der Freiheit" (00), "Die Ethik des Erfolgs. Spielregeln für die globalisierte Gesellschaft" (02), "Die Kraft des Neubeginns. Deutschland ist machbar" (04), "Kampf um die Mitte. Mein Bekenntnis zum Bürgertum" (07), "Die Abwracker. Wie Zocker und Politiker unsere Zukunft verspielen" (09), "Rettet unser Geld! Deutschland wird ausverkauft - Wie der Euro-Betrug unseren Wohlstand gefährdet" (10), "Die Euro-Lügner. Unsinnige Rettungspakete, vertuschte Risiken - So werden wir getäuscht" (13), "Deutschland gehört auf die Coach. Warum
Auszeichnungen u. a.: Karmarsch-Denkmünze der TU Hannover (91), "Ökomanager des Jahres" (92), "Innovationspreis der Deutschen Wirtschaft" (92), Ehrendoktorat der TU Dresden (92), "Dinosaurier des Jahres" (95; NABU-Negativpreis), "Kreuz des Südens" (98; Brasilien), "Orden des heiligen Schatzes" (99; Japan), Offizier der französischen Ehrenlegion (00), Cicero-Rednerpreis (01), Bundesverdienstkreuz (02; abgelehnt), Buchpreis "Corine" (03; f. Ethik des Erfolgs), Ludwig-Erhard-Preis für Wirtschaftspublizistik (03), Deutscher Mittelstandspreis (06), Hayek-Medaille (07).
Mitgliedschaften/Ämter: Vorstandsmitglied im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft (ab 89), Mitglied im Außenwirtschaftsbeirat des Bundesministers für Wirtschaft, Senator der Max-Planck-Gesellschaft (ab 90) und der Helmholtz-Gemeinschaft, Mitglied bei Amnesty International (ab 96), Kuratoriumsmitglied des Deutschen Familienverbandes, Mitglied der Aufsichtsräte von Bayer AG, Continental AG, DaimlerChrysler Luft- und Raumfahrt Holding AG, SMS AG, Ringier AG, Zürich, Orange SA, Paris, Brambles, Sydney (bis 13).
c/o Büro Hans-Olaf Henkel, Friedrichstraße 118, 10117 Berlin, Mobil: +49 160 97794035, E-Mail: office@hansolafhenkel.de, Internet: https://hansolafhenkel.de