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Ieoh Ming Pei

chinesisch-amerikanischer Architekt; Prof.
Geburtstag: 26. April 1917 Kanton (n.a.A. 26. April 1917 Suzhou)
Todestag: 16. Mai 2019 New York-Manhattan/NY
Nation: Vereinigte Staaten von Amerika (USA), China, Volksrepublik

Internationales Biographisches Archiv 50/2006 vom 16. Dezember 2006 (hu)
Ergänzt um Nachrichten durch MA-Journal bis KW 20/2019


Blick in die Presse

Herkunft

Ieoh Ming Pei wurde 1917 in Kanton (nach anderen Angaben in Suzhou) in der damaligen Republik China (sog. Nationalchina) als ältester Sohn eines einflussreichen Bankiers geboren. Er wuchs in Hongkong und in Schanghai auf. P.s Vater, der die Filiale der "Bank of China" in Hongkong gegründet hatte, war bis zur Vertreibung aus China Direktor der Gesamtbank. Die Mutter, die ihm den Buddhismus nahe brachte, verlor P. früh. Seine Familie war kunstsinnig. Ihr Salon wurde ein Treffpunkt von Persönlichkeiten aus Politik und Kultur.

Ausbildung

In Schanghai besuchte P. die St. John's Middle School. 1935 immatrikulierte er sich in den USA an der University of Pennsylvania. 1940 erwarb er am Massachusetts Institute of Technology in Cambridge den Bachelor of Architecture und 1946 den Master of Architecture an der Harvard Graduate School of Design. Dort waren die Bauhaus-Architekten Marcel Breuer und Walter Gropius, den P. später "sein wichtigstes Vorbild" nannte (zit. n. FR, 4.3.1998), seine Lehrer. Infolge des Zweiten Weltkrieges kehrte P. nicht in seine Heimat zurück. 1943-1945 stellte er sich in den Dienst des National Defense Research Committee in Princeton. Amerikanischer Staatsbürger wurde er 1954.

Wirken

1939-1942 war P. als Architekt in Boston, New York und Los Angeles tätig. 1945-1948 lehrte er u. a. als Assistenz-Professor an der Harvard Graduate School of Design in Cambridge/Mass. 1948 holte ihn William Zeckendorf († 1976), der größte amerikanische Bauunternehmer jener Zeit, als Direktor der Architektenabteilung in sein New Yorker Unternehmen "Webb & Knapp Inc.". Bei Zeckendorf avancierte P. zu einem der führenden Architekten und Stadtplaner des Landes. Im Jahre 1955 eröffnete er in New York sein eigenes Büro (I. M. Pei & Partners), blieb aber mit "Webb & Knapp" geschäftlich verbunden. Aus der produktiven Zusammenarbeit von Bauunternehmer und Architekt entstanden Projekte wie das "Mile High Center" in Denver (fertiggest. 1956), das "Hyde Park Redevelopment Project" in Chicago (1957-1961, mit Harry Weese) oder die "Kips Bay Plaza Apartments" in New York (1963, mit Freed).

P.s Büro wurde in den 1960er Jahren eine der führenden amerikanischen Architekturfirmen. Nach Wohn- und Geschäftsbauten in Montreal, Philadelphia und New York sicherte sich der von Frank Lloyd Wright, Le Corbusier, Ludwig Mies van der Rohe und Louis I. Kahn gleichermaßen beeinflusste P. die ersten Prestigeaufträge. Er baute in Boulder/Colorado das "National Center for Atmospheric Research" (1967), wurde 1964 mit der Planung der "John F. Kennedy Library" beauftragt (1979 in Boston fertiggest.) und feierte in den 1970er Jahren Triumphe mit dem "Hancock Tower" in Boston (1975), der "Dallas City Hall" (1977) und dem "East Building" der "National Gallery of Art" in Washington (1978).

P. favorisierte in seinen Werken eine leicht verständliche Architektursprache, die auf einfache geometrische Formen wie Kubus, Prisma oder Pyramide zugreift. Er galt als Vollender der klassischen Moderne, der die geometrischen Grundformen so logisch und einfallsreich zu rhythmisieren wusste, dass "strenge Sachlichkeit zu eleganter Formenpracht aufblühte", wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ Mag., 9.8.1991) schrieb. Später präzisierte P., dass Licht "der Schlüssel" zu seiner Architektur sei (zit. n. FR, 4.3.1998). Er selbst nannte sich einmal "einen Modernisten der zweiten Generation", der sich dem Diktat der Moderne widersetze.

Ein Jahr nach der Erweiterung der "National Gallery of Art" in Washington kehrte P. in die VR China zurück, um dort mit dem "Fragrant Hill Hotel" in Peking ein postmodern anmutendes Werk zu schaffen (1982), das der Fachkritik als Quintessenz seines chinesischen Erbes galt. Die kommunistische Führung beauftragte ihn dann mit dem Bau der "Bank of China" in Hongkong. Dieser 1989 fertiggestellte, 72-geschossige Wolkenkratzer mit seinen mausoleumsartigen Eingangshallen gilt neben der im gleichen Jahr eingeweihten Pyramide für den Grande Louvre in Paris als sein genialstes Werk. P. selbst bezeichnete einmal die Umgestaltung des Louvre mit der transparenten Pyramide aus 86 Tonnen Glas als den "wichtigsten Bau" seines Lebens (vgl. FAZ, 26.4.1997). Sie etablierte ihn nach Einschätzung der Neuen Zürcher Zeitung (26./27.4.1997) "endgültig als Architekten des Establishment". Im Jahre 1989 öffnete ferner in Dallas das "Morton H. Meyerson Symphony Center" seine Türen, und in Los Angeles wurde das Domizil der mächtigen Künstleragentur "Creative Artists Agency" eingeweiht. 1989 war auch das Jahr, in dem P. sein Arbeitstempo drosselte und den Fortbestand des Unternehmens, in dem zwischenzeitlich zwei seiner Söhne mitarbeiteten, sicherte. Seine weltweit operierende Firma, die bis dahin über einhundert Bauten auf drei Kontinenten (davon mehr als neun Millionen Quadratmeter Büroraum) geschaffen hatte, wurde in "Pei, Cobb, Freed & Partners" umbenannt und wies mit dem Namenswechsel auf die Verdienste zweier langjähriger Mitarbeiter hin.

1990 zog sich P. aus seiner Firma zurück, um sich v. a. Bauvorhaben widmen zu können, die ihn persönlich interessierten. Im folgenden Jahrzehnt arbeitete er dann auch an mehreren Projekten, konnte jedoch mit der 1995 in Cleveland eröffneten "Rock and Roll Hall of Fame" nur noch ein prominentes Großprojekt vor der Jahrtausendwende vollenden, das allerdings im Gegensatz zu den vorangegangenen eher zwiespältige Eindrücke hinterließ.

Acht Jahre später meldete er sich aber noch einmal eindrucksvoll zurück. Im Juli 1996 hatte P. mit dem Erweiterungsbau des Deutschen Historischen Museums (DHM) in Berlin seinen ersten Auftrag in Deutschland erhalten, den Bundeskanzler Helmut Kohl (1982-1998, CDU) per Direktmandat vergeben hatte, da sich P. damals schon nicht mehr an Ausschreibungswettbewerben beteiligte. Dieses Vorgehen brachte dem Bundeskanzler zunächst Kritik ein, die jedoch angesichts des herausragenden Rufes des Architekten und dessen unbestrittenen Talents, "mit historischen Gebäuden behutsam und modern zugleich umgehen" zu können (WELT, 28.8.1998), bald wieder verstummte. Im Jan. 1997 stellte P. seinen Entwurf für das 54-Millionen-Euro-Projekt vor, und im Aug. 1998 erfolgte der ersten Spatenstich. Mit dem Gebäude für Wechselausstellungen des DHM hinter dem historischen Zeughaus sollte der Frankfurter Rundschau (4.3.1998) zufolge "ein gläsernes, hochmodernes Entree in die deutsche Geschichte" entstehen. Im Febr. 2003 wurde der von P. als "Schauhaus" (zit. n. SZ, 28.8.1998) konzipierte Bau fertiggestellt und am 23.Mai 2003 der Öffentlichkeit übergeben.

Danach widmete sich P. v. a. drei weiteren Museums-Projekten: Dem "Museum of Islamic Art" in Doha (Katar), dem Museum in der Heimatstadt seiner Familie Suzhou (VR China) und vor allem dem "Musée d'Art Moderne Grand-Duc Jean" (MUDAM) in Luxemburg, das - als erstes dieser drei - im Jahr 2006 eröffnet werden konnte. Das MUDAM war das bisher langwierigste Projekt von P., der 1997 nach längerem Vorlauf offiziell mit der Aufgabe betraut worden war, ein Museum für zeitgenössische Kunst auf dem Gelände des historischen Forts Thüngen aus dem Jahr 1732 architektonisch einzupassen. Die fertigen Pläne mussten auf Intervention der UNESCO, die den Erhalt von 95 Prozent der 1991 freigelegten Grundmauern des Forts forderte, später noch einmal überarbeitet werden. Auf Grund der notwendig gewordenen Änderungen betrachtete P. sein Konzept als "eigentlich hinfällig" (zit. n. FAZ, 1.7.2006), brachte das Projekt aber dennoch zum Abschluss. Dabei zeigte er sich aber nur noch wenig kompromissbereit, so dass er gegen Sparwünsche seiner Auftraggeber auch gerichtlich vorging. Am Ende hatte der Museumsbau 88 Mio. Euro verschlungen. Als das Museum für Islamische Kunst in Katar 2008 eröffnet wurde, war P. bereits 91 Jahre alt. Das Gebäude in Pyramidenform liegt auf einer künstlichen Insel vor der Küste von Doha. Laut Stuttgarter Zeitung (18.5.2019) hat er bei dieser Arbeit "durch seinen meisterhaften Umgang mit Licht und Schatten, Raum und Material" neuerlich brilliert.

Familie

P. starb am 16. Mai 2019 im Alter von 102 Jahren in seinem Zuhause im New Yorker Stadtteil Manhattan. Er war von 1942 bis zu deren Tod im Jahr 2014 mit Eileen Loo verheiratet. Das Paar bekam drei Söhne und eine Tochter, Liane. Die beiden Söhne Chien Chung und Li Chung haben auch verschiedentlich mit ihrem Vater zusammengearbeitet. Der älteste Sohn, T'ing Chung, ein Städteplaner, starb 2003.

16. Mai 2019: Der chinesisch-amerikanische Architekt Ieoh Ming Pei stirbt im Alter von 102 Jahren in seinem Zuhause im New Yorker Stadtteil Manhattan.

Werke

P.-Bauten u. a.: Mile High Center, Denver (52-56), Kips Bay Plaza, New York City (56-63, mit Freed), Luce Chapel, Taiwan (-63), National Center for Atmospheric Research, Boulder, Colorado (61-67), Everson Museum in Syracuse, New York (61-68), National Airlines Terminal (heute TWA), Kennedy Airport, New York City (60-70), Harbor Towers und Hancock Tower, Boston (68-75), Dallas City Hall, Texas (-77), National Gallery of Art, East Building, Washington, D.C. (68-78), J. F. Kennedy Library, Boston (64-79), West Wing, Museum of Fine Arts, phase I, Boston (-81), Fragrant Hill Hotel, Peking (79-82), J. F. Kennedy International Airport, Central Terminal Complex (84-85), IBM Office Building Complex, Somers, New York (-89), Gateway Complex, Singapur (86-90), Creative Artists Agency, headquarters, Beverly Hills (86-89), Holocaust Memorial Museum, Washington (86-92, mit Freed), Musée du Louvre, extension, phase I, Paris (83-89), Dallas Symphony Hall, Texas (-87), Bank of China, Hongkong (82-89), J. F. Kennedy Library, extension, Boston (87-90), Shinji Shumeikai Bell Tower, Shiga, Japan (88-90), Regent Hotel (heute Four Seasons), New York City (88-93), Rock and Roll Hall of Fame, Cleveland, Ohio (-95), Deutsches Historisches Museum, Erweiterungsbau, Berlin (96-03), Musée d'Art Moderne Grand-Duc Jean, Luxemburg (97-06).

November 2008: In Qatar wird das Museum für Islamische Kunst eröffnet, das von Ieoh Ming Pei entworfen wurde. Das Gebäude in Pyramidenform liegt auf einer künstlichen Insel vor der Küste von Doha.

Literatur

Literatur u. a.: Gero von Boehm: "Light is the Key - Conversations with I. M. Pei" (00); Ulrike Kretzschmar (Hrsg.): "I. M. Pei - Der Ausstellungsbau für das Deutsche Historische Museum" (03).

Auszeichnungen

Auszeichnungen u. a.: Brunner Award des National Institute of Arts and Letters (61), Thomas Jefferson Memorial Medal for Architecture (76) sowie Gold Medal (79) des American Institute of Architects, La Grande Medaille d'Or der Académie d'Architecture (81), Pritzker Architecture Prize (83), Asia Society Award (84), Commandeur de l'Ordre des Arts et des Lettres (85), Medal of Liberty (86), Chevalier bzw. Officier de la Légion d'honneur (88 bzw. 93), Praemium Imperiale der Japan Art Association (89), Gold Medal der University of California in Los Angeles (90), Colbert Foundation's First Award for Excellence (91), Presidential Medal of Freedom (93), Jerusalem Prize for Arts and Letters (94), Premio Internazionale Novecento La Rosa D'Oro (Italien) (96), Jacqueline Kennedy-Onassis Medal der Municipal Arts Society New York City (96), Edward-MacDowell-Medaille (98), B.Z.-Kulturpreis (99), Henry C. Turner Prize for Innovation in Construction Technology (03), Orient-und-Okzident-Preis der Erwin-Wickert-Stiftung (06), Royal Gold Medal (09), verschiedene Ehrendoktorwürden.

Oktober 2009: Ieoh Ming Pei erhält die Royal Gold Medal. Die Auszeichnung, die als eine der bedeutendsten Architekturpreise gilt, soll ihm am 2. Febr. 2010 von Königin Elizabeth II. verliehen werden.

Mitgliedschaften

Mitgliedschaften/Ämter u. a.: 1964 trat P. dem American Institute of Architects und 1975 dem Royal Institute of British Architects bei. Er erhielt die Mitgliedschaften in der National Academy of Design (1965) sowie in der American Academy of Arts and Sciences (1967). 1963 wurde er zunächst in das American Institute und 1975 in die American Academy of Arts and Letters gewählt (1978-1980 Kanzler). 1983 erfolgte der Ruf des Institut de France und 1997 der Académie d'Architecture de France. 1993 nahm ihn die Royal Academy of Arts London als Honorary Academician auf. 1972-1977 und 1978-1983 gehörte P. zum Lehrkörper des Massachusetts Institute of Technology.

Adresse

Letzte Adresse: c/o Pei, Cobb, Freed & Partners, 88 Pine Street, New York, NY 10005, U.S.A., Tel.: +1 212 7513122, E-Mail: pcf@pcf-p.com, Internet: www.pcf-p.com



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