Herkunft
Fabio Luisi wurde am 17. Jan. 1959 in Genua als Sohn eines Lokomotivführers geboren.
Ausbildung
Schon im Alter von vier Jahren begann L. mit dem Klavierspiel. L. besuchte das Humanistische Gymnasium C. Colombo in Genua und legte 1978 sein Abitur ab. Gleichzeitig machte er sein Diplom im Fach Klavier am Konservatorium Niccolo Paganini in Genua, an dem er als Privatschüler von Memi Schiavina unterrichtet worden war. In Frankreich lernte er den Pianisten Aldo Ciccolini kennen, der ihn nach Paris mitnahm und mit dem französischen Klavierrepertoire bekannt machte. Bei Milan Horvat in Graz ließ er sich in Orchesterleitung ausbilden. Seine späteren Erfolge im Opernbereich schrieb L. vor allem diesem und dem österreichischen "Operettenpapst" Walter Goldschmidt zu. Sein Studium verdiente er sich als Pianist, als Liedbegleiter und Kammermusikpartner. Das Kapellmeisterdiplom erhielt er 1983 mit Auszeichnung.
Wirken
Frühe und internationale Erfolge als DirigentDie Berufstätigkeit begann L. 1984 an der Oper seiner Heimatstadt. Er arbeitete dort drei Jahre lang und durchlief bis 1987 die gesamte Karriereleiter vom Solo-Korrepetitor und Studienleiter bis zum Kapellmeister. Er erwarb sich damit nicht nur ein breites Opernrepertoire, sondern dirigierte auch Ballettabende und Operetten. 1988 wechselte L. als Dirigent in die freie Berufstätigkeit und machte international Karriere. Noch während seines Engagements in Graz hatte Wolfgang Sawallisch ihn an die Bayerische Staatsoper geholt, wo er ständiger Gastdirigent blieb und mit zahlreichen Premieren aufhorchen ließ. Eine enge Bindung baute er auch zur Wiener Staatsoper auf und feierte hier u. a. mit der Neuproduktion von Rossinis "Guglielmo Tell" und mit "Nabucco" im Verdi-Jahr 2001 große Triumphe. Als gern gesehener Gast tourte L. in den 1990er Jahren zwischen den Opernhäusern von Berlin, Hamburg, Paris, Genf und Florenz und unternahm Konzertreisen mit dem Orchestre de Paris, der Staatskapelle Berlin, den Wiener Symphonikern und der königlichen Stockholmer Philharmonie oder den Münchner Philharmonikern. Die Münchner Philharmoniker leitete er u. a. bei der konzertanten Aufführung der Opern "Liebe der Danae" und "Feuersnot" anlässlich der Feierlichkeiten zum 50. Todestag von Richard Strauss im Herbst 1999. Mit der Staatskapelle Berlin und dem Orchestre de la Suisse Romande Genève überzeugte er u. a. beim internationalen Bruckner-Festival in Linz und stellte auch bei den Bregenzer Festspielen oder den Wiener Festwochen seine als Naturbegabung gefeierte Dirigiertechnik unter Beweis. Seit seinem umjubelten Japandebüt mit der Tokio Philharmonie unternahm L. in jeder Konzertsaison eine Japantournee. Im Juli 2001 stand er am Pult des NHK Symphony Orchestra Tokyo.
1995 unterschrieb L. einen Vertrag als Chefdirigent des Niederösterreichischen Tonkünstlerorchesters in Wien, mit dem er in den folgenden fünf Jahren zahlreiche Konzerte im Wiener Musikverein gestaltete. Im Sept. 1997 übernahm er für die Dauer von fünf Jahren als Chefdirigent die künstlerische Leitung des Orchestre de la Suisse Romande Genève. Im Febr. 2000 stellte er sich mit vier Konzerten beim New York Philharmonic Orchestra vor und gab im Okt. 2000 mit einer "Rigoletto"-Neuproduktion sein Amerika-Debüt als Operndirigent an der Lyric Opera of Chicago.
Chefdirigent in Leipzig und in WienFür Schlagzeilen auch außerhalb Deutschlands sorgte im Dez. 2000, dass L. nach langen Verhandlungen von seiner Kandidatur als Generalmusikdirektor des Orchesters der Deutschen Oper Berlin unter der Intendanz von Udo Zimmermann zurücktrat. Von 1996 bis zum Ende der Spielzeit 1998/1999 arbeitete der mittlerweile zu den gefragtesten Dirigenten seiner Generation gerechnete L. als einer der drei Hauptdirigenten des Sinfonieorchesters des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) in Leipzig. Im Sept. 1999 wurde er dann zum MDR-Chefdirigenten und künstlerischen Leiter des MDR-Sinfonieorchesters berufen, das zu den ältesten Rundfunkorchestern der Welt zählt. Er gab sich auch in Leipzig als präziser und fordernder Diener der Musik zu erkennen, der Leidenschaft, Stilgefühl und Sinn für Dramatik zu vermitteln wusste. L.s Vertrag wurde bis zum Jahre 2009 verlängert; er gab jedoch mit der Spielzeit 2007/2008 das Amt an seinen Nachfolger Jun Märkl ab. Zudem wurde L. ab Okt. 2005 als Wunschkandidat des renommierten Orchesters Chef der Wiener Symphoniker und startete mit großen Plänen. Allerdings vernachlässigte er seine Aufgabe in Wien ab 2011 wegen seiner Tätigkeit als Gastdirigent an der MET und ab 2012 wegen seiner neuen Verpflichtung in Zürich erheblich, blieb aber bis 2013 seiner Wiener Stelle verpflichtet.
Chefdirigent in DresdenIm Jan. 2004 wurde L. zum Generalmusikdirektor der Sächsischen Staatsoper Dresden und als Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle ab 2007 nominiert. Im Mai erklärte der amtierende Chefdirigent der über 450 Jahre alten Dresdner Staatskapelle, Bernard Haitink, dass er seinen Posten vorzeitig abgeben wolle und protestierte damit verspätet gegen unklare und falsche Abstimmungsmodalitäten bei der Wahl seines Nachfolgers L., der ihn mit der Spielzeit 2007/2008 ablöste. L. stand mit dem neuen Amt in der Nachfolge von so berühmten Dirigenten wie Fritz Busch, Karl Böhm, Josef Keilberth, Rudolf Kempe und Giuseppe Sinopoli. Zu seinen größten Erfolgen in Dresden gehörten Verdis Opern "Rigoletto", "Il trovatore" und "La traviata" sowie Hindemiths "Cardillac". Mitte 2009 teilte L. jedoch überraschend mit, dass er seinen bis 2012 dauernden Vertrag nicht verlängern werde; zugleich wurde seine Ernennung zum neuen Chefdirigenten des Züricher Opernhauses bekannt. Im Oktober d. J. unterschrieb Christian Thielemann einen Vorvertrag in Dresden, was L. vermutlich im Febr. 2010 den Anlass lieferte, vorzeitig von seinem Amt zurückzutreten - ein Schritt, den er selbst "mit unterschiedlichen Auffassungen zur künstlerischen Ausrichtung" und mit "persönlichen und familiären Gründen" (SZ, 28.6.2009) begründete.
Gastdirigent in New YorkKaum war diese Nachricht verbreitet, kündigte die New Yorker Met an, dass L. ab 2009 neuer erster Gastdirigent des Hauses werden solle. Da der amtierende James Levine zudem 2011 eine gesundheitsbedingte Pause bis zum Ende der Spielzeit 2012/2013 einlegte, übernahm L. dessen Position als "principal conductor" und wurde seitdem als zukünftiger Chef des Hauses gehandelt. Neben seinen Gastdirigaten bei den Opernfestspielen in München oder am Liceu in Barcelona, wo L. Verdis "Falstaff" unter der Regie von Peter Stein dirigierte, wirkte er vor allem in New York, 2011 mit Wagners "Siegfried", 2012 mit der "Götterdämmerung", die beide von der Kritik überwiegend positiv beurteilt wurden. 2017 lief L.s Engagement in New York aus.
Chefdirigent in Zürich, Kopenhagen, Florenz und Musikdirektor in DallasIn Zürich, wo er zusammen mit Andreas Homoki ans Opernhaus kam, taufte er zunächst das Orchester in "Philharmonia Zürich" um und gründete ein eigenes Label "Philharmonia Records". Ab 2012 dirigierte L. hauptsächlich Verdi, aber auch Janáčeks "Jenufa", die Bellini-Opern "La straniera", "I Capuleti e i Montecchi" und "I puritani", Beethovens "Fidelio" und Bergs "Wozzeck", der von der Kritik bejubelt wurde. Daneben leitete er die Tanzaufführung von Verdis "Messa da Requiem" (Regie: Christian Spuck) und Weills "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny". 2014 wurde L.s Vertrag in Zürich bis 2021/2022 verlängert. Im September d. J. unterzeichnete er einen Dreijahresvertrag als Chefdirigent des Danish National Symphony Orchestra in Kopenhagen ab 2017 und folgte somit auf den verstorbenen Rafael Frühbeck de Burgos. Ebenfalls löste er 2017 den 79-jährigen Zubin Mehta als Musikdirektor der Oper Florenz und des Opernfestivals Maggio Musical Fiorentino ab. 2018 verpflichtete sich L. ab der Spielzeit 2020/2021 mit einem Fünfjahresvertrag als Musikdirektor des Dallas Symphony Orchestra (DSO) und zur interimistischen Leitung ab der Spielzeit davor.
Künstlerische ArbeitsweiseDas breite Repertoire L.s zeigt sich seit Jahren in vielen Premieren, wobei er im Bereich der italienischen Opernliteratur neben Donizetti und Puccini vor allem Verdi favorisiert. In der deutschen Oper zeigt er eine besondere Vorliebe für Richard Strauss, dessen Opern er in Berlin – wie "Ariadne auf Naxos" in einer Inszenierung von Reinhild Hoffmann – oder bei den Salzburger Festspielen, in Dresden oder an der New Yorker Met mit besonderem Erfolg dirigierte. Aber auch Humperdincks "Königskinder" oder Wagners "Meistersinger" hatte er auf dem Programm. Eine Besonderheit war seine Arbeit für die Bregenzer Festspielseebühne im Jahr 2005 mit den Wiener Symphonikern, für die das ein Novum bedeutete. Außer bei Dirigaten in Amsterdam (2015), wo er Bergs "Lulu" und in Paris (2016), wo er mit großem Erfolg Reimanns "Lear" dirigierte, zeigt L. wenig Interesse an der Musik des 20. Jahrhunderts.
Familie
L. lebt mit seiner Frau Barbara, einer deutschen Fotografin und Geigerin (*1964), und dem jüngsten seiner drei Söhne seit 2011 in Manhattan und zeitweise in Zürich. In jüngster Zeit hat L. eine eigene Duftlinie kreiert, deren Erlös seiner "Luisi Academy for Music and Visual Arts" zugute kommt.
Werke
Repertoire u. a.: Gaetano Donizettis "La favorite" (03; Wien), Richard Strauss' "Ariadne auf Naxos" (03; Berlin), Richard Strauss' "Die ägyptische Helena" (03; Salzburger Festspiele), Verdis "Falstaff" (03; Wien, 10; Barcelona), Verdis "Don Carlo" (04; Berlin), Puccinis "Turandot" (04; Dresden), Verdis "La forza del destino" (05; München), Verdis "Il trovatore" (05; Bregenzer Festspiele, 08; Dresden), Humperdincks "Königskinder" (05; München), Richard Strauss' "Die Liebe der Danae" (05; Dresden), Richard Strauss' "Die ägyptische Helena" (07; New York), Wagners "Die Meistersinger von Nürnberg" (07; Dresden), Mozarts "La finta semplice" (07; Wien), Luigi Cherubinis "Médée" (08; Wien), Verdis "Rigoletto" (08; Dresden, 13; Zürich), Hindemiths "Cardillac" (09; Dresden), Verdis "La traviata" (09; Dresden), Puccinis "Tosca" (10; München), Wagners "Siegfried" (11; New York), Wagners "Götterdämmerung" (12; New York), Massenets "Manon" (12; New York), Janáčeks "Jenufa" (12; Zürich), Verdis "Un ballo in maschera" (12; New York). Diskographie: Eine vollständige Diskographie findet sich unter www.fabioluisi.net. Publikationen u. a.: "Erst der halbe Weg". Autobiographie. Aufgezeichnet von Walter Dobner (08).
3. Februar 2019: Premiere am Opernhaus Zürich: "Le Grand Macabre" von György Ligeti. Dirigat: Fabio Luisi. Regie: Tatjana Gürbaca.
23. Juni 2019: Premiere am Opernhaus Zürich: "Nabucco" von Giuseppe Verdi. Dirigat: Fabio Luisi. Regie: Andreas Homoki.
1. März 2020: Premiere am Opernhaus Zürich: "Arabella " von Richard Strauss. Dirigat:Fabio Luisi. Regie: Robert Carsen.
Auszeichnungen
Auszeichnungen u. a.: Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst (01), Brucknerring der Wiener Symphoniker, Cavaliere Ufficiale der italienischen Republik (06), Echo Klassik für die Dresdner Staatskapelle (09), Grammy für beste Opern-Aufnahme (13), International Opera Award für Opernhaus Zürich (14).
Adresse
c/o Dallas Symphony Orchestra, Morton H. Meyerson Symphony Center, 2301 Flora St, Dallas, TX 75201, U.S.A., Tel.: +1 214 8494376, Internet: www.mydso.com
Internet: www.fabioluisi.net