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MUNZINGER Personen

Wolfgang Leitner

österreichischer Industriemanager und Unternehmer; Andritz AG; Dr. rer. nat.
Geburtstag: 27. März 1953 Graz
Nation: Österreich

Internationales Biographisches Archiv 05/2025 vom 28. Januar 2025 (cs)


Blick in die Presse

Herkunft

Wolfgang Leitner wurde am 27. März 1953 in Graz als Sohn eines Schlossers geboren. Sein Vater arbeitete 30 Jahre lang beim Grazer Maschinen- und Anlagenbauer Andritz, seine Mutter war Schreibkraft in einer Schule.

Ausbildung

L. studierte Chemie an der Karl-Franzens-Universität Graz, wo er 1978 mit der Spezialisierung auf anorganische Chemie zum Dr. rer. nat. promovierte.

Wirken

Hoechst und McKinseyAb 1978 war L. als Forschungschemiker bei der Vianova tätig, einem Wiener Tochterunternehmen der Frankfurter Hoechst AG (später Sanofi), und zwar im Bereich Kunstharze, in dem er sieben Patente auf seinen Namen registrieren ließ. 1981 nahm er eine Stelle bei der US-Unternehmensberatung McKinsey & Company in München an.

Investor-Erfolg mit Genericon PharmaAnfang 1986 gründete L. mit seinem ehemaligen Kommilitonen, dem im Pharmageschäft tätigen Martin Bartenstein (1995-2008 ÖVP-Bundesminister) die Genericon Pharma GmbH in Graz, die sich als eine Holding auf Medikamente ohne Patentschutz (Generika) verlegte. Noch im Ost-West-Konflikt sicherten sich die Gründer die ungarische Pharmavit, die mit Vitamin-Produkten und Generika rasch Erfolg hatte und für Wachstum sorgte. 1995 kaufte der US-Pharmakonzern Bristol-Myers Squibb die Pharmavit mit 40 Mio. US$ Umsatz nach dem Börsengang für 110 Mio.US$. L. behielt über seine Cerberus Vermögensverwaltung GmbH zunächst weiter 50 % an der Genericon, die auch in der Folge ein auf rezeptpflichtige sowie rezeptfreie Generika verlegter Anbieter blieb. 1997 brachte die Familie Bartenstein die Genericon in die neue G.L. Pharma ein. Über das Genericon-Investment konnte L. den Grundstein für ein Vermögen legen.

Einstieg als Vorstand bei AndritzParallel zu seinem Engagement bei Genericon trat L. im Okt. 1987 als Finanzvorstand in die Andritz AG ein, wo er 1983/1984 über McKinsey schon an einem Restrukturierungsplan für das damals vom Konkurs bedrohte Unternehmen beteiligt gewesen war. Die Ursprünge des Andritz-Technologiekonzerns gehen auf den ungarischen Eisenwarenhändler Josef Körösi zurück, der 1852 im Grazer Vorort Andritz eine Eisengießerei gegründet und dann zum industriellen Hersteller ausgebaut hatte. Schon bald danach umfasste das Produktionsprogramm große Investitionsgüter wie Kräne, Pumpen und Wasserturbinen. Als Aktiengesellschaft hatte Andritz dann verschiedene Eigner und Partner. Zu Beginn der 1980er Jahre machten die Konjunktur- und die Stahlkrise interne Verkrustungen und Fehlentwicklungen manifest. Auf die Verluste und das drohende Scheitern wurde mit staatlichen Subventionen sowie drastischen Rationalisierungen reagiert. 1987 fiel wieder ein Gewinn an. Damals erwarb die Frankfurter Investmentgesellschaft AGIV die Mehrheit. Es folgte eine strategische Neuausrichtung vom Lizenznehmer anderer Maschinenhersteller zu einem bald führenden internationalen Anbieter von Hightech-Produktionssystemen. Ein Schritt war dabei 1990 der Erwerb des US-Maschinenbauers Sprout-Bauer (Anlagen zur Herstellung von Holzstoff und Futtermitteln).

Konzernchef und HauptaktionärEnde Juni 1994 trat L. als Vorstandsvorsitzender an die Spitze der Andritz AG. Bereits 1990 war L. über seine neu gegründete Custos Privatstiftung ins Andritz-Aktionariat eingestiegen. Im Rahmen eines "Management-Buyout" erwarb L., 1997-1999 auch AGIV-Vorstand, im Sept. 1999 mit einem Konsortium deutscher und amerikanischer Investoren den AGIV-Anteil. Er selbst hielt rund ein Viertel der Anteile. Im Juni 2001 wurde Andritz an der Wiener Börse platziert. 2003 kaufte L. die Anteile der Partner-Investoren über ein "Secondary Placing" auf und wurde so Hauptaktionär. Rund 70 % blieben in Streubesitz. Letztlich blieb diese Struktur stabil. Ende 2024 besaß L. mit der Custos Privatstiftung als Dach 30,7 % der Anteile über die Custos Vermögensverwaltung und 0,8 % über die Cerberus Vermögensverwaltung.

Ausbau durch ÜbernahmenMit L. an der Unternehmensspitze entwickelte sich Andritz ab 1994 zum Hightech-Unternehmen und internationalen Technologiekonzern mit über viele Jahre durchschnittlichen Wachstumsraten von über 10 %. Zu den bezogen auf den Umsatz größten Akquisitionen zählte zunächst 2000/2001 der Erwerb der finnischen Ahlstrom Machinery Group in zwei Schritten, womit Andritz zu einem führenden Anbieter von Zellstoff-Produktionssystemen wurde. Mit dem Aufkauf des Bereichs Anlagen für Zellstoff- und Papiertrocknung der ABB 2002 konnte Andritz nun die Prozesslinie komplettieren. Weitere Übernahmen bis 2003 sorgten für den Ausbau zu einer wettbewerbsfähigen Größe in der Zellstoff-Branche. Die Sparte elektromechanische Ausrüstung für Wasserkraftanlagen stärkte L. 2006 mit Erwerb der aus dem österreichischen VOEST-Konglomerat hervorgegangenen Siemens-Tochter VA Tech Hydro, womit Andritz unter die weltweit führenden Anbieter aufstieg. Die Wasserkraft-Großprojekte führten mehrfach aber auch zu Protesten von Umweltorganisationen.

2013 realisierte L. die Stärkung eines weiteren Unternehmensbereichs und erstand für knapp 600 Mio. Euro über 95 % am weltgrößten Pressenhersteller Schuler AG mit Sitz in Göppingen mit einem Umsatz von 1,2 Mrd. Euro. Kurz darauf übernahm L. den Schuler-Aufsichtsratsvorsitz. Dem Ausbau des Service-Geschäftes im Bereich Papier- und Zellstoff-Analgen dienen sollte die 2018 für 830 Mio. US$ aufgekaufte Xerium Technologies (US-Lieferant für Papierindustrie). Insgesamt erwarb und integrierte L. 1990 bis 2018 rund 70 Unternehmen.

Auch in der Folge bestand Andritz aus vier Geschäftsbereichen, nämlich Pulp & Paper mit Anlagen und Maschinen für die Herstellung von Zellstoff, Papier, Karton, Tissue, Textilien sowie darauf aufbauend für Vliesstoffe, Viskose-Zellstoff und Faserplatten sowie die Sparte Metals mit Anlagen zur Erzeugung von Kfz-Bauteilen, Automatisierungslösungen über die Tochter-Marke Metis sowie Umformungs-Anlagen und Pressen bei Schuler. Hinzu kamen die Sparte Hydro (Ausrüstungen für Wasserkraftwerke, Wartung, Erweiterung) sowie die vormalige Sparte Separation, nun Environment & Energy, mit Ausrüstungen für Fest-Flüssig-Trennung, etwa in kommunalen Klär- und Recyclinganlagen, sowie die Energieerzeugung, darunter Dampfkesselanlagen, Biomassekraftwerke, Rückgewinnungskessel, Gasifizierungs-Anlagen.

Abgabe der Führung und AufsichtsratsvorsitzWie im Juli 2021 angekündigt, gab L. im April 2022 den Vorstandsvorsitz 69-jährig an Vorstand Joachim Schönbeck ab, wegen der Coronavirus-Pandemie später als zunächst anvisiert. L. wechselte in den Aufsichtsrat, wurde Vize von Alexander Leeb und übernahm im April 2024 von diesem den Vorsitz. In der Folge setzte sich das Wachstum bei Umsatz und Betriebsgewinn klar fort. Ende 2023 besaß Andritz einen Auftragsbestand von rund 9,9 Mrd. Euro.

Andritz in Zahlen1987 lag der Umsatz bei umgerechnet 194 Mio. Euro. 2006 waren es schon 2,7 Mrd. Euro bei über 10.000 Beschäftigten und 2017 mit 25.600 Beschäftigten (darunter 3.300 in Österreich) und über 250 Standorten in über 40 Ländern weltweit 5,9 Mrd. Euro bei einem Nettogewinn von 263 Mio. Euro. 2021 setzte Andritz 6,5 Mrd. Euro um und wies einen Nettogewinn von 321,7 Mio. Euro aus. 3.000 der 26.800 Beschäftigten arbeiteten in Österreich. 2022 auf 2023 stieg der Umsatz von 7,5 Mrd. auf 8,7 Mrd. Euro, davon 4,1 Mrd. über Pulp & Paper (Ebitda 422 Mio. Euro), 1,8 über die Sparte Metal (Ebita 89 Mio. Euro), 1,5 Mrd. über Hydro (88,1 Mio. Euro) und 1,2 Mrd. über Separation (143 Mio. Euro). Das Konzernergebnis erhöhte sich von 402,6 Mio. auf 504,3 Mio. Euro bei 29.700 Stellen (ohne Auszubildende).

Familie

Seit 1990 ist L. mit der Juristin und Kärntner Bauunternehmerstochter Maria Cattina Soravia (*1962, Dr. iur. 1987) verheiratet, mit der er zwei erwachsene Kinder (Tochter und Sohn) hat. Zu L.s Freizeitbeschäftigungen gehören seine Landwirtschaft und sein Wald. Dazu ist er Opernliebhaber. Forbes schätzte L.s Vermögen 2024 auf 2,6 Mrd. Euro.

Auszeichnungen

Auszeichnungen: Mann des Jahres (06; Wirtschaftsmagazin "Trend"), Ehrensenator der TU Graz (15), Bürger der Stadt Graz (16).

Mitgliedschaften

Weitere Mandate: Nominierungskomitee Österr. Bundes- und Industriebeteiligungen GmbH (ÖBIB, seit 15).

Adresse

c/o Andritz AG, Stattegger Straße 18, 8045 Graz, Österreich, Tel.: +43 316 6902 0, E-Mail: welcome@andritz.com, Internet: https://www.andritz.com



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