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Adolphe Binder

deutsche Dramaturgin und Kulturmanagerin; Künstlerische Leiterin des Balletts Basel
Geburtstag: 25. April 1969 Braşov (Rumänien)
Nation: Deutschland - Bundesrepublik

Internationales Biographisches Archiv 42/2018 vom 16. Oktober 2018 (ds)
Ergänzt um Nachrichten durch MA-Journal bis KW 21/2024


Blick in die Presse

Herkunft

Adolphe Binder wurde am 25. April 1969 im rumänischen Braşov (dt. Kronstadt) in einer rumänendeutschen Familie von Siebenbürger Sachsen geboren; ihr Bruder Erhard kam anderthalb Jahre später zur Welt. Sie wuchs auf dem Dorf Schirkanyen bei ihren Urgroßeltern auf; ihre Großeltern waren nach dem Zweiten Weltkrieg verschleppt worden und in sibirischen Arbeitslagern umgekommen. B.s Mutter Sieglinde war Schneiderin, ihr Vater Andreas Dreher. 1978 (nach anderen Angaben 1979 oder 1980) konnte die Familie aus Rumänien ausreisen und sich in Hannover ansiedeln, 1982 kam auch die Urgroßmutter nach.

Ausbildung

B. studierte 1988-1995 Germanistik, Politologie, Philosophie und Geschichte an der Universität Hannover, wo sie ihren M.A. mit Auszeichnung ablegte; außerdem studierte sie European Studies an der Harvard University in Cambridge/Mass. Anschließend absolvierte sie ein Aufbaustudium in Kulturmanagement und Public Relations mit einem Abschluss an der Akademie für Management und PR.

Wirken

Anfänge in Marketing/PR und ArbeitsspektrumZunächst wurde B. in Berlin beim Friedrich Verlag (heute: Der Theaterverlag - Friedrich Berlin GmbH) als Leiterin der Marketing- und Presseabteilung berufstätig. Dort arbeitete sie ein Jahr lang, bevor sie vom Ballettdirektor der Deutschen Oper Berlin, Richard Cragun, als Dramaturgin abgeworben wurde. Drei Jahre später gründete B. ihr Büro für Dramaturgie, PR und Produktion unter dem Namen "artattack" in Berlin; diese Kreativagentur, die später "BPB - Binder + Partner Berlin" hieß, leitete sie zusammen mit zwei weiteren Geschäftspartnerinnen bis 2011. Rechtzeitig zur EXPO 2000 ging B. als Projektmanagerin zum Kultur- und Ereignisprogramm der Weltausstellung wieder nach Hannover. Hier übernahm sie die Konzeption des Veranstaltungsprogramms im Bereich Tanz und Theater. B. arbeitet als Kuratorin, Produzentin, Beraterin, Dramaturgin und Programmgestalterin; ihr Hauptaugenmerk liegt auf der Konzeption und Entwicklung spartenübergreifender künstlerischer Projekte. Neben einem großen Netzwerk an persönlichen Kontakten ist B. als Mitglied in vielen Gremien und Jurys der internationalen Tanzszene vertreten und als Managerin bekannt.

Ballettmanagerin in Berlin und Göteborg2001 kehrte B. nach Berlin zurück, wurde bei Blanca Li Co-direktorin an der Komischen Oper und 2002 - nachdem Li sich nach einem halben Jahr verabschiedet hatte - kommissarisch künstlerische Leiterin und Direktorin des Berlin Ballett. Bereits 2004 wurde das Ballett jedoch nach zwei glücklosen Spielzeiten ganz aufgelöst. B. hatte zwar zahlreiche Choreographen eingeladen, nach Meinung der Fachkritik (u. a. FAZ, 26.4.2004) aber kein eigenes Profil für das Ensemble gefunden. 2011 wurde B. Künstlerische Direktorin der GöteborgsOperans Danskompani im schwedischen Göteborg. Dieses Tanzensemble ist eines der größten Skandinaviens und zählt zu den angesehensten Europas. Unter B.s Leitung konnten in fünf Jahren ca. 50 Premieren, davon über 30 Uraufführungen und sechs Projektarbeiten, realisiert werden, außerdem machte die Compagnie Tourneen in mehr als 30 Städte weltweit. B., die junge Choreographen nach Göteborg verpflichtete und drei Viertel des Tänzerensembles neu engagierte, erreichte in ihrer Amtszeit, dass sich die Ballettcompagnie zu einem "der experimentierfreudigsten Ensembles zeitgenössischen Tanzes" (TSP, 9.4.2015) entwickelte. Jedoch war ihr frühzeitiger Abschied von Göteborg von Gerüchten um Mobbing und Günstlingswirtschaft begleitet (Wuppertaler Rundschau, 9.7.2018).

Wechsel nach WuppertalIm Mai 2017 wurde B., die als neue Hoffnungsträgerin für Wuppertal (Bühne, 9/2017) galt, zur Intendantin und Künstlerischen Leiterin des Tanztheaters Wuppertal Pina Bausch mit einem vorläufigen Vertrag bis 31.Juli 2022 berufen. Das Haus hatte sich in den acht Jahren seit dem überraschenden Krebstod der Tanztheater-Ikone mit dem ca. 40 aufführbare Werke umfassenden Repertoire Bauschs über Wasser gehalten; von dem 34-köpfigen Ensemble war ein in jeder Saison wechselndes Programm aufgeführt worden. In B. sah die Interimsleitung des Hauses eine "Garantin reibungsloser Abläufe" (Deutschlandfunk, 2.2.2016) und zugleich eine "Hüterin des Erbes" (Stgt. N., 14.6.2017). Im Juni 2017 stellte B. den Spielplan für die Saison 2017/2018 (Eröffnung am 6./7.10.2017) vor. Dabei wollte sie das Gesamtwerk von Pina Bausch nicht aus den Augen verlieren, sondern u. a. lange nicht mehr gespielte Stücke neu einstudieren lassen. Dazu gehören "Café Müller / Das Frühlingsopfer", "1980 - ein Stück von Pina Bausch" und "Viktor", für einen Auftritt der Compagnie in Antwerpen. Eine komplette Neueinstudierung von "Die sieben Todsünden" und "Masurca Fogo", dazu die Choreographie "Nelken" für eine China-Tournee, außerdem zwei Uraufführungen standen auf dem Plan. Neben der Beauftragung des griechischen Choreographen Dimitris Papaioannou und des norwegischen Choreographen Alan Lucien Øyen engagierte B. fünf weitere neue Tänzer und verjüngte das Ensemble. Für die Uraufführungen - Papaioannous Bausch-Hommage "Seit sie ..." - gab es Lob vonseiten der Fachkritik, für Øyens "Neues Stück II" harsche Verrisse von derselben Seite.

Am 13. Juli 2018 beschloss das Tanztheater Wuppertal, sich fristlos von seiner Intendantin zu trennen, weil sie u. a. sich nicht an Absprachen gehalten und keinen realistischen Spielplan für die Saison 2018/2019 vorgelegt habe. Letzterer war nicht von der Geschäftsführung genehmigt worden. B., die durch Pressevertreter von ihrer Entlassung erfuhr, reagierte darauf am folgenden Tag mit einem offenen Brief, in dem sie über die verweigerte Kooperation mit dem ihr vorgesetzten Geschäftsführer Dirk Hesse, dessen Vertrag ebenfalls zum Jahresende gelöst wurde, klagte und gegen die Entscheidung protestierte, zumal nach Aussagen des Ensembles "die Mehrheit der Tänzer auf jeden Fall hinter ihr" gestanden habe (vgl. SZ, 8.7.2018).

13. Dezember 2018: Das Arbeitsgericht Wuppertal erklärt die Kündigung der ehemaligen Intendantin des Tanztheaters Wuppertal, Adolphe Binder, für unrechtmäßig, nachdem diese gegen ihre fristlose Entlassung im Juli 2018 Klage eingereicht hatte. In einem Berufungsverfahren bestätigt das Landesarbeitsgericht Düsseldorf im August 2019 das Wuppertaler Urteil.

Februar 2022: Das Theater Basel gibt bekannt, dass Adolphe Binder ab 2023 neue Kuratorin und Künstlerische Direktorin der Ballettcompagnie im Haus werden soll.

22. Mai 2024: Das Theater Basel gibt bekannt, dass Marco Goecke ab Sommer 2025 die Leitung des Balletts übernehmen wird. Er tritt die Nachfolge von Adolphe Binder an, die das Ballett am Theater Basel zwei Jahre lang geleitet hat.

Familie

Seit 1996 lebt B. in Berlin und in Wuppertal. Ihre Lebensgefährtin ist die spanische Tänzerin und Choreographin Meritxell Aumedes.

Werke

Publikation: "Von sprechenden Leibern und tanzenden Kleidern", zus. mit Susanne Benedek (96).

Mitgliedschaften

Mitgliedschaften/Ämter: B. ist Beirat bzw. Mitglied im Conseil International de la danse in Paris, beim Internationalen Tanz-Theater-Festival Stuttgart, Mitglied der Jury des Berliner Senats zur Förderung privat organisierter Theater-/Tanzgruppen und Mitglied im Forum Zukunft Kultur Berlin. B. ist zudem Geschäftsführerin der Ständigen Konferenz Tanz.

Adresse

c/o Theater Basel, Ballett, Elisabethenstrasse 16, Basel Basel, Schweiz, Tel.: +41 61 2951100, E-Mail: info@theater-basel.ch, Internet: https://www.theater-basel.ch



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