Gernot Mittler
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Internationales Biographisches Archiv
Ergänzt um Nachrichten durch MA-Journal bis KW
Gernot Mittler, kath., wurde am 6. April 1940 in Obermendig, in der Nähe von Koblenz, geboren.
Nach der Katholischen Volksschule in Obermendig besuchte er bis 1956 die Kreishandelsschule und absolvierte dann eine dreijährige Banklehre bei der Raiffeisenbank in Plaidt. Nach der Kaufmannsgehilfenprüfung bei der Industrie- und Handelskammer Koblenz (1959) arbeitete M. bei der Deutschen Landesrentenbank Bonn, der späteren Deutschen Siedlungs- und Landesrentenbank. 1963 nahm er an der Fachhochschule Köln ein Studium auf, das er 1966 als Diplom-Betriebswirt beendete. Mit 20 Jahren trat M. der SPD bei.
Eine kurze Zeit lang war M. bei der Industrie- und Handelskammer Köln tätig. 1967-1969 arbeitete er bei der Mittelrheinischen Treuhand GmbH in Koblenz, einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, und war nebenher kommunalpolitisch (Stadtrat in Mendig, Kreistag in Mayen-Koblenz) aktiv. Ab 1970 war er Geschäftsführer in der Firmengruppe Erich Deutsch in Andernach (bis 1986). Anschließend wurde M. Mitglied des Vorstandes der Kreissparkasse Mayen. Mit seiner Berufung legte er sein Mandat im Kreistag, wo er zwölf Jahre lang auch den Vorsitz der SPD-Fraktion geführt hatte, nieder, behielt aber den Sitz im Mendiger Stadtrat bei.
Nach nur zwei Jahren als Kreissparkassen-Vorstandsmitglied übernahm M. 1988 den Vorsitz des Führungsgremiums der Mayener Kreissparkasse. Zugleich wurde er Mitglied des Beirats der Landesbausparkasse (LBS) und rückte zwei Jahre später in den Vorstand des Sparkassen- und Giroverbandes Rheinland-Pfalz auf.
Den rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten
M. blieb auch nach der Landtagswahl vom 24. März 1996, bei der die SPD 44,8 % der Stimmen erzielte, Finanzminister im zweiten sozial-liberalen Kabinett von Beck. Im Verlauf der Legislaturperiode 1996-2001 zählte M. zu den Aktivposten der im Wesentlichen geräuschlos und insbesondere auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik erfolgreich arbeitenden Landesregierung. 1999 war er einer der maßgeblichen Initiatoren des "Bauforums Rheinland-Pfalz", einer bundesweit führenden Plattform und Transferstelle für innovatives Planen, Bauen und Wohnen. Eine herausragende Mittlerrolle spielte M. auf Bundesebene bei der Zustimmung des Bundesrats (14.7.2000) zur rot-grünen Steuerreform der Bundesregierung von Gerhard Schröder (SPD). Er half Schröder dabei, die FDP auf seine Seite zu ziehen.
Mit 44,7 % (+4,9 %) der Stimmen waren die Sozialdemokraten mit ihrem populären Spitzenkandidaten Beck bei der Landtagswahl vom 25. März 2001 die klaren Wahlsieger und konnten mit den Liberalen (7,8 %; -1,1 %) die Regierungskoalition fortsetzen. Im neuen, im Ressortzuschnitt leicht veränderten dritten sozial-liberalen Kabinett von Beck, blieb M. Finanzminister.
Dem in der Koalitionsvereinbarung mit der FDP erklärten Ziel eines ausgeglichenen Haushalts bis 2006 wollte man u. a. mit der Ausgliederung der Landesimmobilien und einer eigenen Landesgesellschaft, die bei Behörden Miete für deren Dienstgebäude erhebt, näher kommen. Doch hatte auch Rheinland-Pfalz wie andere Bundesländer mit Einnahmeausfällen zu kämpfen, die M. für die Jahre 2001 und 2002 als "historisch einmalig" (FAZ, 4.4.2003) einstufte. In Folge dessen musste 2002 mit 1,72 Mrd. Euro der größte Nettokredit in der Geschichte des Landes aufgenommen werden. Im Okt. 2002 verfügte M. zudem eine Haushaltssperre. Im Rahmen verschärfter Konsolidierungsanstrengungen erfolgten im April 2003 für den Nachtragshalt 2003 Einsparungen von über 350 Mio. Euro.
Eine erneute Schlüsselrolle kam M. Ende 2003 im Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat zur weiteren Steuerreform im Rahmen der "Agenda 2010" der Bundesregierung zu. Der Fortbestand der Eigenheimzulage war dabei Gegenstand heftiger politischer Auseinandersetzungen bei der Frage, staatliche Subventionen abzubauen.
M.s großes Thema bildete dazuhin eine grundlegende Reform der Umsatzsteuer (lt. M. die "Achillesferse des Steuersystems"; SZ, 3.12.2003). Hierfür legte er im Aug. 2001 ein Konzept vor, das den systembedingten Betrug und Missbrauch in diesem Bereich eindämmen sollte. Seinen Schätzungen zufolge entgingen dem Fiskus dadurch jährlich 18 Mrd. Euro, insbesondere bei grenzüberschreitendem Warenverkehr. M. schlug einen Systemwechsel vor, der auf die Abschaffung der sog. Allphasen-Besteuerung bei Geschäften zwischen Firmen abzielte und eine Steuer nur noch vom privaten Endkunden vorsah. Erst im Lauf der Jahre konnte M. mit seinem guten Draht zur Union und zur FDP aber auch seine Länderkollegen und den Bundesfinanzminister für seine Vorstellungen gewinnen. Mit seinem bayerischen Amtskollegen Faltlhauser (CSU) erarbeitete er zudem eine Novelle der Grundsteuer. Beide Reformvorschläge gingen im Herbst 2005 in den Koalitionsvertrag von Union und SPD ein. In seiner ersten und zugleich letzten Rede vor dem Deutschen Bundestag sprach M. im März 2006 von einem "gigantischen Selbstbedienungsladen" und bezeichnete die Umsatzsteuer-Reform als "unabwendbar und unaufschiebbar" (SZ, 20.3.2006).
Bereits 2005 hatte M. angekündigt, nach den Landtagswahlen im Frühjahr 2006 als dann dienstältester Finanzminister der Republik aus dem Kabinett von Ministerpräsident Beck auszuscheiden. Bei der Wahl am 26. März blieb die SPD mit leichten Zugewinnen (45,6 % der Stimmen) stärkste Kraft und gewann nach Ausscheiden der Grünen sogar die absolute Mandatsmehrheit (54 von 101 Sitzen). Damit war Beck nicht mehr auf die FDP (8 %) als Koalitionspartner angewiesen und konnte eine am 18. Mai 2006 vereidigte SPD-Alleinregierung bilden. Neuer Finanzminister und Nachfolger M.s wurde der bisherige Staatssekretär
Eine neue Aufgabe übernahm M. als Präsident des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung mit Sitz in Berlin. Seine Wahl für eine dreijährige Amtsperiode erfolgte am 26. April 2006.
21. November 2012: Der Verbandsrat des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e. V. wählt in Berlin den ehemaligen Bau- und Verkehrsminister von Sachsen-Anhalt,
M. ist verheiratet und Vater eines Sohnes. Als überzeugter Katholik unterhält er freundschaftliche Beziehungen zu vielen Benediktinermönchen der Abtei Maria Laach, die unweit seines Heimatortes liegt.
M. erhielt im April 2005 das Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik.
Mitgliedschaften/Ämter u. a.: M. hatte bzw. hat mehrere Ehrenämter inne. Er war Vizepräsident des Turnverbandes Mittelrhein e. V. in Koblenz und ist seit 2005 Präsident von Special Olympics Deutschland (SOD) e.V., der weltweit größten Sportorganisation für Menschen mit geistiger Behinderung; Präsident Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e. V. (ab 06).
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